Langzeitanalyse zur Krebs-Früherkennung: Inanspruchnahme kann noch deutlich gesteigert werden

Eine Langzeit-Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) auf Basis der AOK-Abrechnungsdaten für die Jahre 2012 bis 2021 macht Lücken bei der regelmäßigen Inanspruchnahme der Krebs-Früherkennungsuntersuchungen deutlich. Die zum „Tag der Krebsvorsorge“ veröffentlichte Analyse zeigt, dass es schon vor den jüngsten Rückgängen bei den Teilnahmeraten durch die Pandemie ein deutliches Steigerungspotenzial hinsichtlich der regelmäßigen Teilnahme an den Krebs-Früherkennungsuntersuchungen gab. „Es besteht Luft nach oben, die Teilnahmeraten sollten bei allen Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung, wenn auch bei unterschiedlichem Teilnahmegrad, weiter erhöht werden. Umso wichtiger ist, dass mit dem heute von der AOK und der Deutschen Krebsgesellschaft gestarteten Tag der Krebsvorsorge die Aufmerksamkeit auf diese Thematik gelenkt wird“, sagt Jürgen Klauber, Geschäftsführer des WIdO.

So wurde laut der Analyse beispielsweise nur etwa die Hälfte der anspruchsberechtigten Menschen, die im vergangenen Jahr 65 Jahre alt waren, in den vergangenen zehn Jahren von der Darmkrebs-Früherkennung erreicht. Insbesondere durch die Früherkennungs-Koloskopie, die nach den Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses erstmals im Alter von 50 bis 65 beim Mann und von 55 bis 65 bei der Frau durchgeführt werden soll, können Vorformen des Krebses, die Adenome, erkannt und entfernt werden. Dadurch kann Krebs nicht nur früh erkannt, sondern sogar verhindert werden. „Bei der Betrachtung der Daten muss bedacht werden, dass Früherkennungs-Koloskopien auch in dem für die Früherkennung vorgesehenen Alter nur einen Teil aller Darmspiegelungen ausmachen. Koloskopien werden überwiegend als diagnostische Darmspiegelung zur Abklärung von Beschwerden abgerechnet – und dann in der Regel nicht nochmals für ein Screening wiederholt“, so Jürgen Klauber. Unter Berücksichtigung aller ambulant und stationär durchgeführten Koloskopien zeigt die WIdO-Auswertung, dass insgesamt nur 41 Prozent der Männer und 45 Prozent der Frauen in den ersten zehn vorgesehenen Jahren Koloskopien in Anspruch nehmen. Nimmt man noch eine einigermaßen regelmäßige Inanspruchnahme des alternativ angebotenen Tests auf verborgenes Blut im Stuhl dazu (Fecal Occult Blood Test, kurz FOBT), kommt man auf 46 Prozent der Männer und 54 Prozent der Frauen bis 65 Jahre, die in den letzten zehn Jahren an der Darmkrebs-Früherkennung teilgenommen haben. „Hier besteht noch viel Verbesserungspotenzial hinsichtlich der Information und Motivation der anspruchsberechtigten gesetzlich Versicherten“, so Klauber.

Auch bei der Prostatakrebs-Früherkennung wurden die anspruchsberechtigten Männer insgesamt zu selten oder zu spät erreicht: So nahmen in der Altersgruppe zwischen 54 und 70 Jahren nur 28 Prozent der Männer in mindestens drei der vergangenen zehn Jahre an der Früherkennung teil. Beim Hautkrebs-Screening nahmen 13 Prozent der Männer und 16 Prozent der Frauen zwischen 45 und 70 Jahren im betrachteten Zehn-Jahres-Zeitraum die Früherkennung mindestens viermal in Anspruch. Besser sieht es bei der Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs aus: Über 80 Prozent der Frauen zwischen 29 und 40 Jahren haben den Empfehlungen entsprechend in mindestens drei von zehn Jahren an der Vorsorge teilgenommen. Auch beim Mammographie-Screening zur Früherkennung von Brustkrebs, das in Deutschland schon seit 2009 flächendeckend umgesetzt wird, sind recht hohe Teilnahmequoten zu verzeichnen. Allerdings nahm ein Viertel der anspruchsberechtigen Frauen im betrachteten Zeitraum nicht am Mammographie-Screening teil.

Umfassende Analysen zur quer- und längsschnittbezogenen Inanspruchnahme von insgesamt sieben Gesundheits- und Krebsfrüherkennungsuntersuchungen finden sich in der WIdO-Publikation:

Tillmanns H, Schillinger G und Dräther H. 
Inanspruchnahme von Früherkennungsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung durch AOK-Versicherte im Erwachsenenalter 2007 bis 2021. Berlin, Oktober 2022.

Zum Bericht

Zur Pressemappe